Azubis dringend gesucht: Bewerber haben gute Karten

In Berlin und dem Rest der Republik sind nach wie vor zahlreiche Ausbildungsplätze nicht besetzt. Allein in Berlin fehlen rund 5.700 Azubis, wie die Industrie- und Handelskammer mitteilt. Warum dies so ist, können sich die Verantwortlichen nicht erklären, doch beschließen immer mehr Schulabgänger, eine vollschulische Ausbildung zu machen. Andere Schulabsolventen machen das, was ihnen seit vielen Jahren eingebläut wird: Sie studieren. Auch Unternehmensgründungen sind in der Hauptstadt äußerst beliebt. Für die duale Ausbildung bleibt da kaum Luft. Eine Chance für Schulabsolventen, die noch kein Glück bei der Ausbildungsplatzsuche hatten? Dieser Artikel beleuchtet, in welchen Branchen Azubimangel herrscht und wie sich Ausbildungsplätze finden lassen.

Chemielaborantin

© Pixabay – Es gibt viele Ausbildungsplätze, die in Berlin unbesetzt geblieben sind.

In welchen Branchen herrscht Azubimangel?

Es hakt insbesondere in allen Bereichen, die mit dem Handwerk in Zusammenhang stehen. Hier gibt es deutschlandweit zahlreiche Betriebe, die seit Jahren nach Azubis suchen. Sie benötigen jemanden, der den Betrieb in einigen Jahren weiterführen könnte. Wer sich bei solch einem Betrieb bewirbt, die Ausbildung durchzieht und den Meister dranhängt, der kann später womöglich sein eigenes Unternehmen führen. Ansonsten gibt es Probleme in folgenden Branchen:

  • Gastronomie: Der komplette Gastrobereich hat Nachwuchssorgen. Zum Teil liegt das daran, dass der Bereich keinen allzu guten Ruf hat, viele Azubis brechen die Ausbildung aufgrund der Arbeitsbedingungen ab. Eine Mitschuld tragen Ausbilder, die sich nicht an den Ausbildungsplan halten, sondern die Azubis als günstige Aushilfen einsetzen.
  • Gebäudereinigung: Auch hier gibt es viele offene Stellen. Der Beruf wird oftmals unterschätzt und genießt in der Gesellschaft wenig Wertschätzung. Dabei bietet er durchaus Aufstiegschancen. Gebäudereiniger in Berlin haben einen recht krisensicheren Job, und es gibt viele professionelle Anbieter, die immer Fachkräfte gebrauchen können.
  • Kaufmännische Berufe: Hier bleiben viele Ausbildungsstellen unbesetzt, weil Schulabsolventen lieber studieren oder ihr Fachabitur anstreben, anstatt die Ausbildung zu machen.
  • Kranken-/Altenpflege: Hier werden händeringend Azubis gesucht. Der Beruf ist vielversprechend und hat Zukunft, doch ist er belastend. Zugleich ist die Ausbildung kein Zuckerschlecken.

Für Bewerber hat der Azubimangel Vorteile. Wenn Betriebe dringend nach Nachwuchs suchen, können Azubis verhandeln – und sich für Ausbildungsplätze bewerben, für die sie nicht voll qualifiziert sind:

  • Schulabschluss: Verlangt ein Betrieb Abitur im Handwerk, bekommt die Stelle aber nicht besetzt, kann sich auch ein Interessent ohne Abi bewerben. Die Bewerbung muss aussagekräftig sein.
  • Zusätze: Viele Azubis werden nach Tarif bezahlt, doch es ist möglich, Zuschläge herauszuholen. Gerade hinsichtlich des Monatstickets für die Bahn bieten einige Ausbildungsbetriebe Zusatzmöglichkeiten an. Hin und wieder wird sogar der Führerschein bezuschusst.

Die betriebliche Ausbildung

Die meisten klassischen Ausbildungsberufe werden im dualen System gelernt. Der Azubi arbeitet im Betrieb mit und geht zu festen Zeiten in die Schule. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: zwei Mal wöchentlich oder Blockunterricht. Am Rande dieser Ausbildungsvariante oder zum Ende der Ausbildung bieten sich weitere Möglichkeiten. So ist es möglich, eine betriebliche Ausbildung zu erhalten und dabei einen Master zu machen. Etliche Unternehmen bieten diese Form des dualen Studiums an. Und mehr:

  • Qualifikationen: Neben der gewöhnlichen Ausbildung ist es möglich, sich besonders zu qualifizieren. Es gibt praktisch in jedem Beruf Schwerpunkte. Steuerfachangestellte können sich in der Lohnbuchhaltung qualifizieren, Rechtsanwaltsfachangestellte im Kostenrecht, Fliesenleger in besonderen Stuckarten. Viele dieser Zusatzqualifikationen werden vom Ausbildungsbetrieb unterstützt.
  • Fachabitur/Fachstudium: Einige Ausbildungsberufe erlauben es, nebenbei per Abendschule ein Fachabitur zu erwerben oder ein Fachstudium zu absolvieren. Die Ausbildung dient als Zugangsvoraussetzung, der Abschluss ist später mit einem gewöhnlichen Studienabschluss gleichzusetzen.
  • Fortbildung: Mit Abschluss der Ausbildung ist es im Büro-, Handwerk- und Gastrogewerbe fast immer möglich, sich über eine Fortbildung besonders zu qualifizieren.
  • Meister: In den handwerklichen Berufen können Azubis nach der Ausbildung einen Meisterlehrgang belegen und eine weitere Ausbildung starten. Dies ist teilweise sogar betrieblich möglich. Auch in der Gebäudereinigung gibt es Meisterlehrgänge und besondere Spezifikationslehrgänge. Beispielsweise lässt sich nach der Ausbildung eine Fachqualifikation als Hygieneverantwortlicher in besonderen Bereichen erwerben.

Mit den Zusatzqualifikationen steigt auch das Gehalt. Da in vielen Handwerksbereichen nach Tarif gezahlt wird, steigen Fachkräfte einige Tarifgruppen auf. Auch ohne Tarifvertrag gilt, dass die Handwerkskammern deutliche Vorgaben hinsichtlich der Bezahlung machen.

Wo lassen sich offene Stellen finden?

Neben dem Arbeitsamt ist das Internet die beste Option, um offene Ausbildungsstellen zu finden. Gerade für diejenigen, die noch keine Stelle gefunden haben, gilt, es einfach einmal zu probieren. Die Bewerbung sollte jedoch stimmig sein:

  • Anschreiben: Das Anschreiben darf nicht bloß aus dem Internet übernommen werden, sondern sollte ordentlich und motiviert verfasst sein. Warum bewirbt sich der Azubi? Weshalb für diesen Beruf, in diesem Betrieb?
  • Korrektheit: Natürlich muss die Bewerbung auf Fehler geprüft werden. Achtung: Das ist insbesondere bei all den Betrieben wichtig, die Abitur voraussetzen.

Ist es möglich, sollte die Bewerbung persönlich abgegeben werden. Der erste Eindruck ist oft wichtiger, als die Unterlagen an sich. Kann der Azubi bereits im Gespräch überzeugen, bevor der Ausbilder in die Unterlagen schaut, hat er schon einmal gepunktet. Es ist auch gut, sich direkt für einen Probetag anzubieten.

Malerutensilien

© Pixabay – Auch im Handwerk lassen sich viele Stellen finden.

Fazit – bewerben und verhandeln

In den Bereichen, in denen Betrieben händeringend nach Azubis suchen, haben Bewerber beste Karten. Und nicht nur die Chance, den Vertrag zu erhalten, sondern zu verhandeln. Es lässt sich beispielsweise zu Beginn der Ausbildung festlegen, dass sich der Betrieb zu Fortbildungen verpflichtet oder nach der Ausbildung eine Weiterqualifikation bezahlt. Auch unterstützen viele Betriebe neben der dualen Ausbildung eine schulische Ausbildung im Abendstudium. Azubis müssen sich jedoch zunächst professionell bewerben und im Gespräch überzeugen. Wenngleich Auszubildende heute gute Chancen haben, so müssen sie auch zeigen, dass sie diese Chance verdienen und zu nutzen wissen.

Weitere Nachrichten
Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert